Situationen und Ereignisse» Palace St.Gallen 2016

Die Pataphysische Zeitmaschine:

Eric Saties Vexations

Zum 150. Geburtstag von Erik Satie bringt das Institut für Angewandte Pataphysik (I'PA) in Zusammenarbeit mit dem Palace Saties Stück Vexations in vollem Umfang auf die Bühne. Die Aufführung beginnt am Montagabend und endet am Dienstag um Mitternacht. Während den 28 Stunden wird das Piano durch verschiedene musikalische Beiträge ergänzt oder abgelöst. So werden Patrick Kessler und Marc Jenny mit weiteren Kontrabassist_innen um 3 Uhr morgens die «Bässe der Nacht» erklingen lassen. Gleich anschliessend starten wir mit einem Streicher_innen-Trio in den Tag und bereits am Montagabend singt eine Sopranistin. Weitere Auftritte sind in bereits in Planung, die Bühne ist jedoch auch offen für spontane Interventionen.

 

Das Palace als Ort des Geschehens vereint Reminiszenzen an Erik Saties Wirkungsstätten in einem Raum: Es kann Theaterbühne, Konzertsaal, Cabaret und Bar zugleich sein. Die Komposition gilt als das erste bekannte Experiment der totalen, organisierten Chromatik und der kontinuierlichen, unaufgelösten Dissonanz. Alle paar Jahre wurde dieses Stück von den gewagtesten Musikern, wie etwa John Cage, in verschiedenster Weise aufgeführt. Es wird nach Partitur gespielt, als Orientierungshilfe der 26 bpm dient dabei ein optisches Metronom. Leichte Schwankungen im Tempo sind zu erwarten, sollten aber die Gesamtdauer von 28 Stunden nicht wesentlich beeinflussen. Der Flügel wird ergänzt durch eine ElorgEl, eine elektrische Orgel aus den 60er-Jahren. Als Verweis auf Saties Schaffen für Orchester wird die Bühne auch für andere Instrumente offen sein, Beiträge aus den Sparten Gesang und Text sowie performative Interventionen sind erwünscht. Um jegliche Art von billigem Klamauk zu vermeiden, ist eine eingehende Beschäftigung mit dem Stoff Voraussetzung. Wie Satie selbst sagt: «Um dieses Motiv achthundertvierzig Mal zu spielen, wird es gut sein, sich darauf vorzubereiten, und zwar in grösster Stille, mit ernster Regungslo- sigkeit.» Trotzdem soll durchaus Platz für Unerwartetes bleiben – eine Herangehensweise an die Vexations, bei der es sich um eine Weltpremiere handeln dürfte, welche wohl nicht nur unter Kenner_innen der modernen Klassik etwas Aufmerksamkeit erregen wird. Zu erwarten sind 28 Stunden, in denen Erik Saties Mantra der absoluten Liebe die Frage in den Raum stellt, ob der Qual ihrer hypothetischen Unmöglichkeit nun mit Ernst oder mit Humor zu begegnen sei. Oder mit beidem.

 

Mit (in zufälliger Reihenfolge) Josquin Rosset (Piano), Bobby Moor (Piano), Stella Locher (Piano), Sonja Egger (Piano), Daniel Danielo (Piano), Jonas Senn (Piano), Dela Hüttner (Sopran), Tamara Hostettler (Querflöte/Traverso), Sarah Bislin (Violine), Matthias Denk (Violine), Julia Herkert (Viola), Sebastian Bill (Violoncello), Patrick Kessler (Kontrabass), Marc Jenny (Kontrabass), Thomas Karrer (Kamera), Carlo Lorenzi (Melodic drums), Monique Rosset (Violine), Peter Dürst (Violine), Raffaela Gerhartl (Bandoneon), Patric Schweizer (Bass od. Gitarre), Stefan Gschwend (Gitarre), Kuno Schuler (Gitarre), Hospiz der Faulheit (auf Mission), Madame Psychosis (Aphorismensuche), Matthias Albold (Text), Ekk Lory (Entr'acte), Martin Amstutz (Inspizienz, Bandoneon) und vielen anderen.