Situationen und Ereignisse » Bernina Fabrik | Kulturstiftung Thurgau | Steckborn | 2018

Muko & Matratzen

Am Vernetzungstag der Kulturstiftung Thurgau waren wir eingeladen eine eröffnende Intervention zum Thema der Musse zu gestalten. Wir nahmen uns dies zum Anlass, einen weiteren Vorschlag zur Rehabilitierung der Faulheit zu unterbreiten. So lag uns auch diesmal viel daran, die unsichtbaren Wirkungsweisen zu verdeutlichen, die in der (vermeintlichen) Untätigkeit zu Tage treten. Dazu haben wir eine Situation geschaffen, in der wir die gerade herrschenden Beziehungen hervorheben konnten und dabei auch nichtmenschliche und immaterielle Grössen mit einbezogen.

Dies gelang uns durch eine Anlage, die mit der Doppeldeutigkeit des Wortes „faul“ spielt: Es bezeichnet Untätige ebenso, wie Obst, das zu lange in der Sonne gelegen hat. Beide werden jedoch von unsichtbaren Prozessen bewegt. Abhängig von vielen Faktoren kann so eine Ausgangsmaterie veredelt und mit neuen Eigenschaften versehen werden. Was beispielsweise in der Gärung – die ja ein kontrollierter Fäulnisprozess ist – verdeutlicht wird. Um diese Prozesse zu veranschaulichen, haben wir mit den Anwesenden den ersten Schritt in der Herstellung eines südamerikanischen Maisbieres (Chicha) gemacht. Da Chicha traditionellerweise eng mit der Arbeit verknüpft ist und auch als Bezahlung fungieren kann, konnten wir damit auch die ambivalenten Grenzziehungen zwischen Arbeit und Freizeit thematisieren.

Den Mais kauen, einspeicheln und ausspucken, bildete nicht nur eine kollektive Tätigkeit. Durch die ungewohnte Situation durften wir mit den Anwesenden intime Momente der gemeinsam überwundenen Unsicherheit erleben. Unterstützt wurde dies durch ein von uns produziertes Hörspiel über die Notwendigkeit bewusster Untätigkeit und wie Reflexion und Fantasie neue Werte, Welten und ein neues In-Beziehung-Treten ermöglichen. Eine limitierte Edition von je 10 Postkarten rundete das Ereignis ab und wurde den Anwesenden zur Erinnerung an diesen Tag als Geschenk überreicht. Desgleichen bestand die Einladung, sich zu einem späteren Zeitpunkt eine Flasche vom fertig gebrauten Chicha abzuholen. So liessen sich einige der eingegangenen Beziehungen über diesen Tag hinaus erweitern.